Wenn die Närrinnen loslegen und ein paar Männer sich trauen, dann ist „Schmutziger Donnerstag“, und Affolterbach ist außer Rand und Band. Am Ende der Überwälder Weiberfastnacht aber durften noch nicht einmal die Puppen tanzen; das war anderen vorbehalten.

Wald-Michelbach/Affolterbach. Noch ein paar Tage hat der närrische Wahnsinn Hochkonjunktur. Noch einmal Gas geben, noch einmal richtig aufdrehen lautete daher die Devise am „Schmutzigen Donnerstag“. Denn da gehörte die Bühne in der Peter-Heckmann-Halle in Affolterbach ganz den Damen – zumindest fast. Zur Überwälder Weiberfastnacht wagten sich dann doch einige mutige Männer in die Festarena des schönen Geschlechts, darunter die Bürgermeister Sven Bassauer aus Abtsteinach und Markus Röth aus Grasellenbach. Und der Carneval Club Affolterbach (CCA) ließ sich die Chance nicht entgehen, die Crème de la Crème der Überwälder Fastnacht zu sich nach Hause auf die Planken der fünften Jahreszeit zu holen – und alle an Bord ihrer „Carneval Princess“ willkommen zu heißen.
Entsprechend dicht besetzt waren die Stuhlreihen. Außer in den Tanzpausen – da stürmte das Publikum die Reling. Fischkappen, die beißen, barocke Damen, die sich in prächtigen Kleidern hier zum Maskenball trafen, Zauberhüte, die wohl gerade aus Hogwarts eingeflogen kamen, und ein paar Glitzerplateaus stürmten die Treppe hinauf. Gefolgt von grauen Eminenzen in geisterhaften Kutten, die aus der Unterwelt entflohen sein mussten.
Warm-up made in Rio
Einige Kostüme gaben einen Vorgeschmack auf das Sitzungsprogramm, das in Affolterbach nicht zuletzt deshalb so abwechslungsreich war, weil die Vereine mit ihrem aktuellen Karnevalsmotto vertreten waren. Gras-Ellenbach eröffnete den Abend mit den Sambatänzerinnen der „Peanuts“, die bereits in der örtlichen Elferratssitzung die Gäste von den Sitzen holten. Erste Rakete, Riesenapplaus und Zugaberufe. Das nennt man gelungenes Vorglühen. „Nixe“ Tatzel hatte den Sangria-Topf ein weiteres Mal aufgesetzt und peitschte mit Hymnen aus der eigenen Feder das versammelte Weibsvolk an. Wenn Malle-Party, dann mit ihr. Die Kneipp-Girls verströmten mit ihrem Flamenco feurige Tanzleidenschaft. Als Dank gab es stehende Ovationen und die „Macarena“. Der OKACLU aus Ober-Abtsteinach entsandte seinen ganzen Stolz – die Gardetänzerinnen, diesmal feen- und elfengleich – in die Nachbargemeinde.

Von der Hölle bis zum Amazonas
Ihrer Kampagne verpflichtet, war von den Aschbacher Hussmouge nichts als „Angst und Schrecken“ zu erwarten. Während die Hölle diesmal streikte, eigneten sich die Friedhofsgespräche des Witwen-Sketch-Trios als Anleitung fürs Männermeucheln. Die Vier-Stufen-Rakete folgte. Die Gruppe „Just for Fun“ schwebte mit riesenhaften Augen, unbeirrt auf der Suche nach der Medusa, bis der edle Ritter kam und sie davon erlöste. Danach konnten sie umso befreiter abrocken. Nächste Rakete. Dank des Beitrags aus Schimmeldewog ging es mit der Gruppe „Ratz-Fatz“ ins Land der tanzenden Pharaoninnen – und zwar in wunderschönen Kostümen. Jede Frau kann eine Amazone sein, das weiß man, aber die Tänzerinnen vom CV Capital zeigten, wie beeindruckend geballte Frauenpower tänzerisch aussehen kann, inklusive Kampfgeschrei. Bleibt noch der Heimathafen: Das CCA-Gardeballett begeisterte bis zur aufwendigen Schlussformation. Das war ein verdienter Heimsieg mit Rakete und die erste Zugabe des Abends. Bis schließlich die Sketchgruppe des Gastgebers die „Wunderbox“ öffnete, die sich als Quacksalberei jenseits der Schulmedizin entpuppte – schallendes Gelächter begleitete die seltsame Rosskur.
Doch nicht nur die Speerspitze der hiesigen Karnevalssaison steuerte ihre Showacts bei, sondern auch die „Firegirls Classic“ aus Trösel und Apollonia aus Löhrbach – eine Premiere – folgten der Einladung. Über die Nöte auf der „Costa Salmonella“ berichtete die Büttenrednerin aus dem Weschnitztal, wo Bullaugen aussehen wie Waschmaschinen. Die Talemer hatten eine Glitzer-Disco-Party im Gepäck und danach laute Zugaberufe im Ohr.
Von der Baustelle bis Baywatch
Bis zum Finale dauerte es dreieinhalb Stunden. Am Ende durften aber noch nicht einmal die Puppen tanzen – diese Aufgabe übernahm höchstselbst das Männerballett des CCA.
Ein Showdown, der die geballte Eleganz von Schaufel, Baywatch und Rolle rückwärts in einer Performance vereinte, wie sie nur wenige aufbieten können. Der Lohn für so viel Körpereinsatz: Einige Damen in den hinteren Stuhlreihen brüllten Zugabe, bis sie heiser waren.
Erst dann verstummten die Raketen, das Helau und der letzte Ruf nach einer Zugabe. Die Beach-Bar blieb noch geöffnet, der Bass wurde aufgedreht, die Bühne wieder bevölkert von tanzwütigen Weibern bis zum Schluss. Doch die Verschnaufpause trügt. Der CCA stand da erst in den Startlöchern, denn das letzte Karnevalswochenende 2025 steht im Zeichen ihrer Sitzungen. Also, Leinen los auf der „Carneval Princess“. Im Anschluss bleiben noch ein paar Tage, um karnevalistisch ordentlich aufzudrehen.
Quelle: Odenwälder Zeitung Ausgabe: 01.03.2025 / Text: Bettina Arndt Foto: Fritz Kopetzky